In diesem Beitrag widmen wir uns dem aktuellen Stand zum Thema Arbeitszeiterfassung in Deutschland, stellen gängige Systeme zur elektronischen Zeiterfassung vor und werfen zusätzlich einen Blick auf die Vorteile, die insbesondere digitale Systemlösungen für Unternehmen und Mitarbeiter bieten.
Was ist eine elektronische Arbeitszeiterfassung?
Die elektronische Arbeitszeiterfassung umfasst alle softwarebasierten Methoden zur Erfassung der Arbeitszeit von Arbeitnehmern. Hierzu zählen etwa die Erfassung der geleisteten Stunden via Terminal, Fingerprint oder mittels mobiler Zeiterfassungssysteme – beispielsweise per App auf dem Smartphone – von unterwegs. Die so erfassten Stunden werden unternehmensintern in Form digitaler Zeitkonten gespeichert und verwaltet.
Als Gegenbeispiel für solche digitalen Zeiterfassungssysteme sind etwa klassische Stempeluhren oder der weiterhin genutzte Stundenzettel auf Papier zu nennen. Ziel der automatisierten, digitalen Dokumentation von Arbeits- und Pausenzeiten ist eine möglichst genaue Erfassung geleisteter Arbeitsstunden sowie die Weiterverarbeitung der Zeitdaten.
Eine detaillierte Übersicht über die geleistete Arbeit einzelner Mitarbeiter erleichtert die Personalverwaltung und ist zudem für eine effiziente sowie präzise Lohnabrechnung essenziell. Darüber hinaus spielt auch die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften eine zentrale Rolle – in vielen Ländern ist die Arbeitszeiterfassung gesetzlich reglementiert.
Arbeitszeit elektronisch erfassen – Weder Novum noch Selbstverständlichkeit
Geeignete Methoden zur systematischen Erfassung von Anfangs-, End- und Pausenzeit von Arbeitnehmern sind heute in der Mehrzahl aller Unternehmen in Deutschland im Einsatz – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Digitalverbands Bitkom zur Arbeitszeiterfassung aus dem Jahre 2023.
Das ist dabei kaum verwunderlich: Nach einem Urteil zur Arbeitszeiterfassung (Mai 2019) („Stechuhr-Urteil“) und einem Entscheid des Bundesarbeitsgerichts (September 2022) müssen Arbeitgeber in der EU – und somit auch in Deutschland – eine systematische Erfassung der Arbeitszeit von Mitarbeitern sicherstellen.
Eine interessante Erkenntnis dieser Studie ist nicht nur, dass zum Zeitpunkt der Erhebung mit 59 % nur knapp mehr als die Hälfte der Unternehmen die Vorgaben zur Zeiterfassung einhalten. Gleichzeitig sind analoge Zeiterfassungssysteme wie Stempel und Stechuhr etwa ebenso verbreitet wie moderne System zur elektronischen Arbeitszeiterfassung.
![Schaubild zu den Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung in den europäischen Mitgliedsstaaten](https://www.gfos.com/uploads/blog/kriterien-arbeitszeiterfassung-eugh.png)
Die Kriterien zur Zeiterfassung sind so geregelt, dass eine elektronische Komponente die sicherste Lösung zur Erfüllung dieser darstellt; Bild © GFOS Group
Ist eine elektronische Arbeitszeiterfassung Pflicht?
Streng genommen nicht – auch, wenn Vorgabe zur elektronischen Erfassung in Zukunft durchaus folgen könnte. Das liegt insbesondere an der Verlässlichkeit der digitalen Lösungen. Eine elektronische Zeiterfassung von Arbeitsstunden ist noch nicht verpflichtend, die grundsätzliche Erfassung der Arbeitszeit ist jedoch gesetzlich vorgegeben. Aktuell sind theoretisch alle Arten von Systemen zulässig, die in der Lage sind, eine objektive, systematische und zugängliche Erfassung von Arbeitszeiten sicherzustellen.
Ein Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes des BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) sieht zukünftig eine explizite Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung vor. Eine Erfassung über nachträglich digitalisierte Handzettel wäre dann – abseits von tariflichen Ausnahmen – nicht mehr zulässig.
Gleichzeitig definiert der Referentenentwurf bereits Übergangsfristen für die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung:
- Weniger als 50 Mitarbeiter: 5 Jahre
- Weniger als 250 Mitarbeiter: 2 Jahre
- Mehr als 250 Mitarbeiter: 1 Jahr
Zum jetzigen Zeitpunkt sind im Referentenentwurf nur Ausnahmen für Klein-Unternehmen mit bis zu 10 Arbeitnehmern vorgesehen. Bei einer solchen Betriebsgröße könnte die Arbeitszeiterfassung elektronisch erfolgen, sie ist aber keine Notwendigkeit. Ein Vergleich der Zeiterfassungssysteme zeigt jedoch, dass Software die vorteilhafteste Lösung bietet.
Inwiefern die Inhalte dieses Referentenentwurfs sich in einem Gesetzesentwurf wiederfinden werden, ist vorerst noch unklar. Die grundsätzliche Pflicht zur Zeiterfassung bleibt von diesem Entwurf jedoch unberührt. Diese gilt bereits heute – ob über App, Handzettel oder elektronische Stechuhr.
Gesetzliche Vorgaben zur Zeiterfassung (DE & CH)
In welchem Maße bzw. unter welchen Umständen eine Arbeitszeiterfassung Pflicht ist, haben wir bereits an anderer Stelle ausführlich thematisiert. Hier zur Auffrischung eine kurze Übersicht zu den Regelungen in Deutschland und der Schweiz.
Sachlage Arbeitszeiterfassung (Deutschland / Stand Q2 2024)
Grundlage: Urteil des EuGH und Entscheid des Bundesarbeitsgerichts (siehe oben)
Wichtige Gesetzeshinweise:
- § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz
Arbeitgeber müssen Arbeitszeiten, die Arbeitnehmer über die werktägliche Arbeitszeit hinaus leisten, systematisch dokumentieren. - § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz
Arbeitgeber müssen geeignete Maßnahmen zur Erfassung und Organisation der Arbeitszeiten ergreifen.
Ausnahmen:
- Von der Pflicht zur Zeiterfassung ausgenommen sind leitende Angestellte.
- Tarifbedingte Ausnahmen sind dann möglich, wenn die besondere Art der Tätigkeit die Arbeitszeit schwer messbar macht oder die Arbeitszeit selbst festgelegt wird.
Sachlage Arbeitszeiterfassung (Schweiz / Stand Q2 2024)
Grundlage: Die Erfassung der Arbeitszeit ist in der Schweiz im Arbeitsgesetz geregelt. Die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) enthält klare Vorgaben zu Art und Umfang der Erfassung von Arbeits- und Ruhezeiten der Arbeitnehmer.
Wichtige Gesetzeshinweise:
- Art. 73a ArGV 1
Mitarbeiter mit besonderer Autonomie, die ihre Arbeitszeit mehrheitlich selbst festlegen können und über ein bestimmtes Mindesteinkommen verfügen, haben die Option, auf eine individuelle Erfassung der Arbeitszeit zu verzichten. - Art. 73b ArGV 2
Arbeitnehmer in Betrieben haben die Möglichkeit, in Abstimmung mit dem Arbeitgeber eine vereinfachte Arbeitszeiterfassung zu vereinbaren.
Ausnahmen:
- Bei Gleitzeitmodellen und artverwandten Vereinbarungen sind Abweichungen von einer vollständigen Aufzeichnungspflicht zulässig.
- Von der Pflicht zur detaillierten Zeiterfassung ausgenommen sind leitende Angestellte und wissenschaftliches Personal.
Elektronische Arbeitszeiterfassung – Geeignete Systeme im Überblick
Die technologische Landschaft der Arbeitszeiterfassung bietet eine Vielzahl von Lösungen, die Unternehmen dabei helfen, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter präzise und effizient zu erfassen. Hier haben wir eine Übersicht der gängigsten Systeme zusammengestellt:
Terminalbasierte Zeiterfassung (z.B. mit RFID / Radio Frequency Identification)
Elektronische Arbeitszeiterfassung mittels RFID-Technologie nutzt Funkwellen zur Identifikation und Nachverfolgung von Objekten – dabei kommen RFID-Tags zum Einsatz, die in Form einer Karte oder eines Schlüsselanhängers vorliegen. Mitarbeiter registrieren ihre Anwesenheit, indem sie ihren RFID-Tag an ein Terminal halten. Dieses System bietet eine schnelle und einfache Möglichkeit zur Erfassung von Arbeitszeiten ohne manuelle Eingabe.
Biometrische Arbeitszeiterfassung
Biometrische Systeme wie Fingerabdruckscanner, Gesichtserkennung und Iriserkennung bieten durch die Identifikation einzigartiger menschlicher Merkmale eine hohe Sicherheitsebene.
Diese Systeme zur elektronischen Arbeitszeiterfassung sind besonders effektiv in der Verhinderung von Arbeitszeitbetrug, wie dem sogenannten „Buddy Punching“, bei dem ein Mitarbeiter für einen anderen einstempelt. Allerdings müssen Mitarbeiter der Erfassung dieser hochsensiblen Daten gesondert zustimmen, um den Anforderungen an eine DSGVO-konforme Zeiterfassung gerecht zu werden.
Arbeitszeiterfassung mittels Software
Moderne Zeiterfassungssysteme sind zunehmend softwarebasiert und bieten Optionen für die Speicherung und Verarbeitung in der Cloud oder auf lokalen Servern (On-Premise). Die Lösungen ermöglichen die Erfassung direkt über Webbrowser auf PCs oder mobilen Geräten. Anbieter stellen dazu oft auch eine App zur Arbeitszeiterfassung bereit. Damit gelingt die Stundenerfassung auch unterwegs und ortsunabhängig.
Die Vorteile von Cloud-basierten Lösungen liegen in ihrer Skalierbarkeit, der schnellen Implementierung und regelmäßigen Updates, die eine kontinuierliche Systemverbesserung gewährleisten. Zudem bieten diese Systeme häufig umfangreiche Integrationsmöglichkeiten mit anderen Unternehmenssoftwarelösungen, was die anschließende Weiterverarbeitung der Zeitdaten vereinfacht.
![Software-Screenshots der Abwesenheitsplanung in GFOS.Workforce Management](https://www.gfos.com/uploads/blog/time-and-attendance-mit-gfos.png)
Mit Software von GFOS gelingt sowohl die elektronische Anwesenheitserfassung als auch die digitale Urlaubsplanung; Bild © GFOS Group
Einhaltung von Arbeitszeitgesetzen & Richtlinien
- Bessere Monitoring-Möglichkeiten: Elektronische Systeme können so konfiguriert werden, dass sie die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften wie Höchstarbeitszeiten und erforderliche Pausen automatisch überwachen.
- Verringerung von Rechtsstreitigkeiten: Eine genaue Dokumentation der Arbeitszeiten bildet eine solide Grundlage zur Vermeidung von rechtlichen Auseinandersetzungen über Überstunden und andere Arbeitszeitangelegenheiten.
Optimierung von Arbeitsabläufen
- Zeitersparnis: Automatisierte Prozesse reduzieren den Bedarf an manueller Dateneingabe und -verwaltung, wodurch eine elektronische Arbeitszeiterfassung die administrative Last erheblich verringert.
- Bessere Ressourcenplanung: Ein genauer Überblick über die tatsächlichen Arbeitszeiten der Mitarbeiter ermöglicht eine effizientere Einsatzplanung sowie die Verwaltung sämtlicher Kapazitäten.
- Schnelle Reaktion bei Ausfällen: Durch den ständigen Überblick über die Anwesenheiten können Planungsverantwortliche schnell auf unerwartete Ausfälle reagieren und Arbeitskräfte für den Ersatz einplanen.
Analysegrundlage für weiterführende Entscheidungen
- Management von Überstunden: Automatische Berichte und Alarme über Überstunden helfen Managern, Arbeitslasten besser zu überwachen und notwendige Anpassungen vorzunehmen.
- Kostenkontrolle: Die frühzeitige Erkennung und Auswertung von Überstundentrends helfen Unternehmen dabei, Maßnahmen zu ergreifen, um Kosten effektiver zu steuern und Budgetüberschreitungen zu vermeiden.
- Förderung der Mitarbeiterzufriedenheit: Eine transparente Darstellung der Arbeitsleistungen trägt zu einem positiven Arbeitsklima bei, da Mitarbeiter sehen können, dass ihre Arbeit gerecht bewertet und entlohnt wird.
Eine separate Aufschlüsselung der Vorteile digitaler Zeiterfassung haben wir auch an anderer Stelle in unserem Blog bereits behandelt.
Arbeitszeit elektronisch erfassen – exakt und sicher mit GFOS
Ob künftig die Arbeitszeiterfassung ausschließlich elektronisch erfolgen muss, ist noch nicht abschließend geklärt. Sicher ist aber, dass die Wahrscheinlichkeit für eine entsprechende Gesetzesänderung recht hoch ist. Neben den möglichen rechtlichen Vorgaben lohnt es sich für Unternehmen jeder Größe jedoch heute bereits, auf eine vollständige elektronische Arbeitszeiterfassung umzusteigen.
Ein frühzeitiger Wechsel auf eine digitale Zeiterfassung bringt Unternehmen nicht nur aus rechtlicher Sicht in sicheres Fahrwasser, gleichzeitig kann diese Umstellung dazu genutzt werden, um viele Prozesse rund um die systematische Erfassung der Arbeitszeit zu optimieren.
Jetzt schon vorbereitet sein
Wenn Sie sowohl digitale Prozesse anstoßen als auch die Effizienz von Arbeitsabläufen verbessern möchten, kontaktieren Sie uns gerne für eine Erstberatung.
+++ Die Inhalte dieses Beitrags und insbesondere die rechtlichen Aspekte wurden mit bestem Wissen und Gewissen recherchiert und stellen keine Rechtsberatung dar. Die GFOS mbH kann daher keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen übernehmen. Für konkrete Rechtsfragen konsultieren Sie bitte in jedem Fall einen Rechtsanwalt. +++