Produktrückrufe und Gefahrenmeldungen nehmen zu: Während in Deutschland im Jahr 2003 lediglich 139 Gefahrenmeldungen registriert wurden, waren es im Jahr 2019 schon 2.243 Meldungen. Der größte Anteil fällt laut Statista dabei auf die Produktkategorie Spielwaren, knapp ein Viertel auf die Automobilbranche. Umso wichtiger wird es für die Fertigungsindustrie, die Traceability zu verbessern, mangelhafte Produkte frühzeitig zu identifizieren und die Qualität nachhaltig zu optimieren.
Definition: Was versteht man unter Traceability?
Unter Traceability (dt. Rückverfolgbarkeit) versteht man die Fähigkeit, den Ursprung, den Verbleib sowie weitere Informationen über ein Produkt, einzelne Komponenten oder Materialien lückenlos nachverfolgen zu können. Dies bezieht sich auf den gesamten Wertschöpfungsprozess vom Lieferanten bis hin zu den Kunden.
Traceability: Die Relevanz der Rückverfolgbarkeit in der Praxis
Traceability spielt für viele Unternehmen eine wichtige Rolle. Die Anwendungsmöglichkeiten erstrecken sich dabei über verschiedene Branchen. Folgende Beispiele beleuchten die Relevanz der Rückverfolgbarkeit von Produkten und Komponenten im Produktionsalltag.
Lebensmittelproduktion
Rückverfolgbarkeit ist in der Lebensmittelindustrie essenziell - von den Zutaten bis hin zum Endprodukt. Müssen Lebensmittel aus verschiedenen Gründen zurückgerufen werden, können Unternehmen präzise ermitteln, welche Chargen von den Problemen betroffen sind. Potenziell gesundheitsgefährdende Produkte lassen sich durch Traceability schnell aus dem Umlauf nehmen. Die genaue Kenntnis über die Herkunft und den Verarbeitungsprozess ermöglicht Herstellern, Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten und die Qualitätsstandards der Lebensmittelproduktion langfristig zu steigern.
Automobilindustrie
In der Automobilindustrie steht die Sicherheit von Fahrzeugen und deren Insassen im Fokus herstellender Unternehmen – entsprechend hoch sind die Anforderungen hinsichtlich der Traceability. Fehlerhafte Fahrzeugteile und damit verbundene Sicherheitsprobleme müssen rechtzeitig erkannt werden, um Unfälle zu vermeiden. Zudem sind regelmäßige Qualitätskontrollen von großer Bedeutung, um die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge zu gewährleisten und die Kundenzufriedenheit sicherzustellen. Auch die Einhaltung von Normen und Umweltauflagen lässt sich auf diese Weise nachweisen.
Die Rückverfolgbarkeit ist bei der Produktion von Fahrzeugen essenziell.© iStock | gorodenkoff
Pharmaindustrie
Ebenso wichtig ist die Traceability für Unternehmen der Pharmaindustrie. Die Branche unterliegt strengen regulatorischen Vorschriften – Qualitätsstandards müssen zwingend eingehalten werden. Auch hier steht der Sicherheitsaspekt an erster Stelle. Durch die Rückverfolgbarkeit der Arzneimittel können Rückrufe schnell durchgeführt und Patienten informiert werden. Zudem lassen sich Authentizität und Herkunft von Medikamenten durch die lückenlose Dokumentation nachvollziehen und Fälschungen mithilfe von Track-and-Trace-Systemen vom Markt nehmen. Die genaue Dokumentation ermöglicht dabei einen Abgleich zwischen den erfassten Informationen und erwarteten Daten, sodass Händler, Apotheken und andere Akteure die Echtheit der Medikamente feststellen können.
Traceability: Die Vorteile
Mit der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Produkten, Komponenten oder Materialien ergeben sich für Unternehmen der Fertigungsindustrie zwei wesentliche Vorteile:
Qualität und Sicherheit: Die Verbesserung der Traceability hat insbesondere enorme Vorteile für die Qualitätssicherung. Etwaige Mängel können frühzeitig erkannt und beseitigt, defekte Produkte schneller identifiziert und aus dem Verkehr gezogen werden. Insbesondere in Branchen, in denen mangelhafte Waren eine Gefahr für die Nutzern bergen, ist die Rückverfolgbarkeit der betroffenen Chargen innerhalb der Wertschöpfungskette sowie eine schnelle Einleitung des Rückrufprozesses essenziell.
Compliance-Anforderungen: Darüber hinaus werden mit der Sicherstellung der Traceability auch gesetzliche Vorschriften und branchenspezifische Standards erfüllt. Durch die genaue Dokumentation und die damit einhergehende Rückverfolgbarkeit, können produzierende Unternehmen in viele Fällen rechtliche Konsequenzen vermeiden.
Methoden zur Implementierung von Traceability
Die Implementierung von Traceability entlang der Lieferkette erfordert den Einsatz geeigneter Methoden und Technologien. Die folgenden Ansätze gewährleisten eine lückenlose Rückverfolgbarkeit.
Bar- und QR-Code-Systeme
Barcodes und QR-Code-Systeme werden eingesetzt, um Produkte, Komponenten oder Verpackungen eindeutig zu kennzeichnen. Darüber hinaus lassen sich damit wichtige Informationen zum Produktionsprozess, der Herkunft und zur weiteren Verarbeitung erfassen. Durch das Scannen des Codes können Herstellungsdatum, Chargennummer und vieles mehr dokumentiert und einzelne Prozessschritte miteinander verknüpft werden.
RFID-Technologie
Eine weitere Möglichkeit zur Implementierung von Traceability ist die Verwendung der RFID-Technologie (Radio Frequency Identification). Produkte und Komponenten werden dabei mit individuelle RFID-Tags versehen. Entlang der Produktionslinien installierte Lesegeräte erfassen anschließend automatisch die Informationen mithilfe elektromagnetische Signale. Im Gegensatz zu Barcodes funktioniert diese Methode auch auf kurzer Distanz und fördert die Automatisierung von Prozessen innerhalb der Fertigung. So lassen sich nicht nur Materialfluss und Bestandsmanagement optimieren, sondern anhand der erfassten Daten auch Trends erkennen und fundierte Entscheidungen treffen.
Integrierte Softwarelösungen
Innovative Softwarelösungen aus dem MES-Bereich bieten umfassende Funktionen zur Erfassung, Verwaltung und Analyse von Daten entlang der gesamten Produktionskette. Von Betriebsdaten über Arbeitsabläufe bis hin zu Qualitätskontrollen lassen sich zahlreiche Prozesse digital abbilden und verbessern die Traceability um ein Vielfaches. Durch die Integration von Sensoren, Internet of Things oder einer automatisierten Maschinenkommunikation schaffen Softwarelösungen eine Überwachung in Echtzeit. Systemisch gesteuerte Prüfungen, Alarmfunktionen und Benachrichtigungen decken Qualitätsprobleme und andere Abweichungen frühzeitig auf. Mit nur wenigen Klicks können Unternehmen betroffene Chargen und Produkte identifizieren, entsprechende Maßnahmen ergreifen und bei Bedarf Rückrufprozesse einleiten. Cloudbasierte Softwarelösungen haben zudem den Vorteil, dass sämtliche Informationen für die Traceability zentral gespeichert werden und jederzeit auch ortsunabhängig abrufbar sind. Dies ermöglicht einen schnellen Zugriff auf alle relevanten Daten.
Verschiedene Methoden sorgen für Traceability entlang der Lieferkette.© GFOS
Herausforderungen bei der Umsetzung
Viele Unternehmen stehen bei der Einführung von Traceability verschiedenen Herausforderungen gegenüber. Um diese zu bewältigen, erfordert es eine sorgfältige Planung sowie eine enge Zusammenarbeit der Akteure entlang der Lieferkette. Folgende Aspekte sollten bereits im Vorfeld berücksichtigt werden:
- Komplexität der Lieferkette: Unternehmen der Fertigungsindustrie arbeiten oftmals mit einer Vielzahl an Lieferanten und Partnerunternehmen zusammen. Zudem erstreckt sich die Produktion oft über mehrere Produktionsstandorte. Die Rückverfolgbarkeit entlang solch komplexer Lieferketten wird zunehmend undurchsichtiger, wenn mit unterschiedlichen Produktionssystemen und Datenformaten gearbeitet wird.
- Datenschutz: Die Schaffung von Traceability erfordert die Erfassung und Analyse einer umfassenden Datenmenge. An dieser Stelle müssen Unternehmen sicherstellen, dass die erhobenen Informationen vor unbefugten Zugriffen geschützt und gemäß geltender Datenschutzbestimmungen verwaltet werden.
- Technologische Anforderungen: Die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit setzt den Einsatz geeigneter Technologien voraus. Die Implementierung innovativer Softwarelösungen und moderner Technik stellte insbesondere Unternehmen mit älteren Maschinenparks vor Hausforderungen und bedeutet in einigen Fällen Investitionen in den Ausbau der (IT-)Infrastruktur. Die enge Zusammenarbeit mit den IT-Anbietern ist bei der Auswahl geeigneter Lösungen, sowie die Schulung der betroffenen Mitarbeitenden, sind essenziell für eine erfolgreiche Einführung von Traceability.
- Standardisierung und Interoperabilität: Um effektive Prozesse zu ermöglichen, müssen Industrieunternehmen sicherstellen, dass auf Basis standardisierter Daten gearbeitet wird. Zudem ist die Interoperabilität der eingesetzten Systeme mit einer einheitlichen Datenerfassung entscheidend, um die einzelnen Fertigungsschritte nahtlos zurückverfolgen zu können.
- Kosten und Ressourceneinsatz: Sowohl die Anschaffung der nötigen Technologien als auch die Schulung des Personals und die Anpassung bestehender Prozesse sind mit Kosten verbunden. Zudem müssen Fertigungsunternehmen sicherstellen, dass ausreichend Ressourcen für den Betrieb und die Instandhaltung der Traceability-Systeme zur Verfügung stehen.
Traceability: Ein Blick in die Zukunft
In Zeiten voranschreitender Digitalisierung, ergeben sich immer wieder neue Möglichkeiten, die Rückverfolgbarkeit zu optimieren. Technologische Innovationen wie Künstliche Intelligenz oder Internet of Things sind dafür ausschlaggebend.
Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) sowie Entwicklungen im Bereich der Sensorik bieten enorme Potenziale für die Traceability. Durch die Integration innovativer Sensoren werden Echtzeitdaten über den Zustand, Temperaturen und andere wichtige Parameter erfasst, sodass sie eine präzise Überwachung entlang der Lieferkette ermöglichen.
Ebenso liefern neue Blockchain-Technologien viele Vorteile für die Rückverfolgbarkeit von Produkten. Hier schafft die dezentrale Verwaltung von Informationen Transparenz sowie ein fälschungssicheres Tracking. Dazu kommen kryptografische Schlüssel zum Einsatz, die Produkte mit einer eindeutigen und digitalen Signatur versehen. Ein weiteres Merkmal von Blockchains ist die Unveränderlichkeit von Transaktionen: Bestätigte Datensätze können nicht rückgängig gemacht oder gelöscht werden und sorgen so für eine lückenlose Traceabilty.
Künstliche Intelligenz bietet die Möglichkeit, große Datenmengen immer schneller automatisiert zu analysieren und auf diese Weise Muster, Abweichungen und andere Qualitätsprobleme zu erkennen.
Rückverfolgbarkeit mit gfos.MES sicherstellen
Mit dem Einsatz eines Manufacturing Execution Systems profitieren Unternehmen von zahlreichen praktischen Funktionen, die die Traceability in der Produktion verbessern.
Die Grundlage für effektive Produktions- und Prozessanalysen bildet die digitale Betriebsdatenerfassung. Sämtliche Informationen, von Chargen- und Qualitätsdaten, über Mengen und Laufzeiten bis hin zu Maschinenstillständen werden systemisch erfasst und im BDE-System visualisiert.
Weitere Module aus dem Bereich Materialfluss und Lagerverwaltung sorgen zudem für eine optimale Materialflusssteuerung und zeitoptimierte Prozesse. Lagerbestände sowie Materialeinsatz und -verbrauch lassen sich mithilfe der Software einfach verbuchen – und das, ohne Chargen- und Seriennummern aus dem Blick zu verlieren. Das digitale Materialmanagement bildet so den gesamten Prozess entlang der Wertschöpfungskette ab und sorgt für die nötige Transparenz.
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