Im Rahmen von professionellen Manufacturing Execution Systems ist eine Multiressourcenplanung nicht wegzudenken. Denn gerade durch das ganzheitliche Erfassen und Analysieren von allen produktionsnahen Informationen und Daten können alle Optimierungspotentiale eines digitalen Produktionsleitsystems voll ausgeschöpft werden. In Kombination mit passenden KI-Lösungen entsteht darüber hinaus ein System, das die riesigen Datenmengen kontinuierlich analysiert, Produktions- und Prozessoptimierungen vorschlägt und dabei stetig detailgenauer und effizienter bei der Fertigungsplanung unterstützt – Fernziel ist dabei ein vollständig autonom planendes und handelndes System, bei dem der Mensch nur noch als Kontrollinstanz eingreifen muss.
Wertschöpfungsprozesse überwachen und analysieren
Um ein solches System zu entwickeln und nahtlos in eine MES-Umgebung zu integrieren, ist neben hoher IT- und KI-Kompetenz auch das Wissen um die Anforderungen und Herausforderungen auf Anwenderseite – also auf Seiten der Industrie – notwendig.
Stefan Schumacher, GFOS Bereichsleiter Beratung MES, und Dr. Olaf Zwintzscher, Bereichsleiter Entwicklung sowie Teil der Geschäftsleitung bei der GFOS mbH, erklären im Interview die enormen Potentiale sowie die gewinnbringenden Kooperationen, die den Erfolg einer KI-gesteuerten Multiressourcenplanung ausmachen.
Manufacturing Execution Systems sind hochkomplexe IT-Lösungen zur digitalen und optimierenden Produktionssteuerung. Welchen Stellenwert hat die Multiressourcenplanung aus Ihrer Sicht im Gesamtkonzept MES?
Stefan Schumacher: Eine Multiressourcenplanung berücksichtigt alle relevanten Ressourcen gleichzeitig, um eine optimale, auf alle einbezogenen Ressourcen abgestimmte Planung zu erhalten. Plant ein MES zum Beispiel die Aufträge ohne Einbezug des Personals – unter Berücksichtigung der Qualifikationen der Mitarbeiter – kann der Planungsalgorithmus zwar eine optimale Maschinenauslastung unter Berücksichtigung der Liefertermine und weiterer Kriterien wie z. B. Rüstzeitoptimierung ermitteln. Was bringt dieses Ergebnis aber, wenn das erforderliche Personal nicht in ausreichendem Umfang bzw. Qualifikation zur Verfügung steht? Mit Einsatz von KI geht das dann noch einige Schritte weiter, weil dann z. B. Maschinenausfallzeiten prognostiziert und in der Planung berücksichtigt werden können oder Qualifikationen nicht nur über Stammdaten zu pflegen sind, sondern das System selbstlernend Qualifikationsprofile erzeugen kann.
Wo genau, zwischen Betriebsdatenerfassung, Feinplanung und Materialfluss, siedelt sich ein solches Modul an und welche Systeme und Geräte sind notwendig, um alle relevanten Daten zu erfassen und analysieren zu können?
Dr. Olaf Zwintzscher: Eine KI-gestützte Planung kann sämtliche Informationen, die in einem MES in den unterschiedlichsten Modulen entstehen, nutzen. So sind Maschinendaten, aus denen Statusinformationen und Prozessdaten gewonnen werden können genauso relevant wie Qualitätsdaten oder Daten aus der Instandhaltung. Somit stellt ein solches System eine sinnvolle Ergänzung eines MES dar, welche mit allen MES-Teilkomponenten interagiert.
Ziele einer produktionsnahen Multiressourcenplanung sind u.a. eine verlässlichere Planungsqualität in Echtzeit und eine bessere Kapazitätsauslastung. Welche Herausforderungen bei der Konzeptionierung und Implementierung treten auf und gibt es irgendeine Art von Standard bei der Erhebung, Verarbeitung und Analyse von Daten, die für die Multiressourcenplanung relevant sind?
Dr. Olaf Zwintzscher: Entscheidend für eine Planung ist die Datenqualität und die Aktualität der Daten. Somit sind die mit Industrie 4.0 verfolgten Ziele, also z. B. der IT-technischen Vernetzung der Produktionsschritte und Werkstücke, auch Voraussetzung für eine maximale Datenqualität. Die Produktionswelt steht hier allerdings noch am Anfang. Hilfreich sind hier Kommunikationsstandards, wie z. B. OPC-UA für die Kommunikation mit SPSn, also Maschinensteuerungen. Je weiter sich dieser oder vergleichbare Standards durchsetzen, umso geringer werden die Implementierungskosten.
Für IT-Dienstleister und deren Softwarelösungen ist erfolgsentscheidend, dass ein hohes Maß an Flexibilität gewährleistet wird und dabei Datenhygiene und Schnittstellenfähigkeit sichergestellt sind. Wie gehen Entwicklung und Beratung MES-Projekte an, welche generellen Abstimmungen mit dem Kunden sind notwendig und in wie weit kann man sagen, dass jedes Projekt ein Start bei Null ist?
Stefan Schumacher: Die Zeiten, dass MES-Lösungen programmiert werden müssen, sind ja bei GFOS schon seit vielen Jahren Geschichte. Beginnend von der Erfassung der Daten bis hin zu Schnittstellen wird das MES parametriert. Das trifft auch für die Regelwerke, die sogenannten Constraints, zu. Diese Parametrierfähigkeit macht das System natürlich sehr flexibel. Allerdings starten wir nicht mit jedem Projekt bei Null, sondern nutzen hier unsere weit über 30-jährige Erfahrung. Diese lassen wir in vorkonfigurierte Lösungen einfließen.